Setup I: Textarbeit

Veröffentlicht von Ramon Voges am 15.03.2017 6 Minuten zum Lesen

Vor ein paar Tagen kam mein neuer Rechner. Das bot mir Gelegenheit, ein System von Grund auf neu aufzusetzen. In diesem Blog beschreibe ich, mit welchen digitalen Werkzeugen und Programmen ich Texte erstelle.

LaTeX

Als Historiker besteht eine meiner häufigsten Tätigkeiten darin, mit Texten zu arbeiten. Dazu gehört es ebenfalls, selber Texte zu verfassen. Nachdem ich lange Word-Prozessoren von Microsoft und anderen Anbietern genutzt haben, bin ich dazu übergegangen, meine Texte im reinen Text-Format zu erstellen.

Eines meiner wichtigsten Werkzeuge zur Texterstellung ist LaTeX. Dabei handelt es sich um eine Reihe von Programmen und Bibliotheken, mit denen sich professionelle Texte setzen lassen. Bei den Natur- und Ingenieurwissenschaften ist LaTeX schon seit längerem Standard, vor allem weil man damit hervorragend Formeln und technische Dokumentationen erzeugen kann.

Für Kulturwissenschaftler dürfte stattdessen reizvoll sein, dass die mit LaTeX geschaffenen Texte sehr gut aussehen. Das System berechnet präzise den Satzspiegel, vermeidet typographische Fauxpas wie Hurenkinder und Schusterjungen und löst alle angegebenen bibliographischen Anmerkungen auf, die es dank zahlreicher Pakete in die gewünschte Form bringt. Mit der Hilfe von LuaLaTeX können alle auf dem Rechner installierten OpenType-Schriften verwendet werden. Als Autor kann man sich deshalb auf den eigentlichen Inhalt konzentrieren, das gesamte Layout übernimmt LaTeX.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Textverarbeitungen lassen sich problemlos Bilder und Graphiken in die Dokumente einbinden. Wer bereits einmal versucht hat, in Microsoft Word mehr als zwei Bilder mit 300 dpi zu verwenden, weiß, welche Probleme das mit sich bringt. Nicht bei LaTeX!

Obendrein versteht sich das System darauf, mit mehreren Quelldateien umzugehen, um daraus eine Veröffentlichung zu erschaffen. Das heißt, einzelne Kapitel können in eigenen Dateien geschrieben werden. Das erhöht nicht nur die Übersichtlichkeit. Es hilft auch beim gemeinsamen Arbeiten an Publikationen.

Da die Quelldateien im reinen Text-Format vorliegen, können sie auch mithilfe eines Systems zur Versionskontrolle wie git überwacht werden. Auf diese Weise lassen sich leicht unterschiedliche Versionen ausprobieren und Änderungen wieder rückgängig machen.

Am Ende stellt LaTeX für gewöhnlich ein PDF her. Am einfachsten benutzt man dafür das Skript latexmk, mit dem sich die zahlreichen Optionen und Schalter leicht festlegen lassen. latexmk ist bei den gängigen TeX-Distributionen stets dabei, auch z.B. bei MacTeX. Zwischen PDF und Tex-Datei lässt sich hin und her wechseln, um Schreibfehler zu beheben oder Ergänzungen vorzunehmen. Anzeigeprogramme wie Skim haben dafür zahlreiche Optionen vorgesehen.

Gewöhnungsbedürftig und am Anfang nicht ganz leicht ist allerdings die Art und Weise, wie Texte für LaTeX geschrieben werden. Auszeichnungen und Befehle sorgen dafür, dass der Text formatiert wird. Das bedeutet, LaTeX ist ansatzweise mit einer Auszeichnungssprache wie HTML vergleichbar. Zahlreiche Tutorien und Einführungen im Netz leiten aber dabei an, so dass man sich relativ schnell die Grundlage aneignen kann. Mir persönlich haben insbesondere zwei Bücher den Einstieg erleichtert: der voluminöse “LaTeX-Begleiter” und “Wissenschaftliche Arbeiten schreiben mit LaTeX”.1

Markdown und Pandoc

Komfortabel lassen sich Texte auch mithilfe von pandoc und Markdown erstellen. Bei Markdown handelt es sich um eine vereinfachte Auszeichnungssprache, die besonders leicht zu lesen und zu schreiben ist. Das macht sie zu einer hervorragenden Ausgangssprache, um Texte zu erstellen.

Neben Überschriften, Hervorhebungen, Aufzählungen, Absätzen und Zitaten können auch Fußnoten, Links und Code-Abschnitte erstellt werden. Außerdem ermöglicht es Markdown, Graphiken einzubinden. Die Endung von Markdown-Dateien lautet in der Regel “.markdown” oder einfach “.md”.

Mithilfe des Programms pandoc lassen sich die erstellten Markdown-Dateien in zahlreiche andere Formate überführen, z.B. PDF (über LaTeX), aber auch Docx, EPUB und HTML.

Auf dem Mac lässt sich pandoc dank Homebrew installieren: brew install pandoc.

Hilfreich ist die “Citation Style Language” (CSL), mit der bereits tausende von unterschiedlichen Zitationsstilen beschrieben wurden. Bindet man einen Stil aus der CSL in sein Markdown-Dokument ein, lassen sich auch aufwendig gestaltete Fußnoten und andere Anmerkungen mit Zitaten erstellen.

Editor

Ein heikles Thema! Aber für die ordentliche Textarbeit natürlich unersetzlich: der Editor.

Auf die Gefahr hin, es mir mit den Anhängern des einen oder anderen Editors zu verscherzen und zwischen die Fronten eines Glaubenskrieges zu geraten, folgt hier die Geschichte meiner conversio:

Als ich begann, meine Texte mithilfe von LaTeX zu schreiben, wollte ich mich nicht in ein Programm einarbeiten, dass ich nur für die Erstellung meiner PDFs nutzen konnte. Texmaker und TeXstudio fielen deshalb ebenso raus wie TeXShop – auch wenn diese Programme bestimmt zahlreiche Vorzüge haben und gewiss den Einstieg in LaTeX erleichtern können. Was ich bereits aus diversen Foren-Beiträgen gelernt hatte, war, dass gerade einer der Vorzüge, reinen Text zu schreiben, darin besteht, besonders mächtige Editoren zu verwenden. Und weil ich einen besonders mächtigen Editor haben wollte, griff ich anfangs zu Emacs. Das hat natürlich den Einstieg in LaTeX erschwert, auch wenn ich es nicht bedauere, mich in dieses “Betriebssystem” eingearbeitet zu haben.

Einige Jahre war ich auch durchaus zufrieden. Ich hatte mich an die zahlreichen Tastenkürzel gewöhnt und den großen Funktionsumfang schätzen gelernt. Aber Emacs war langsam. Und die Konfiguration aufwendig. Als ich mir dann eines Tages aus irgendeinem Grund meine ~/.emacs-Datei zerschoss und nicht verstand wieso und weshalb, aber dringend weiter an meiner Doktorarbeit schreiben musste, beschloss ich, Emacs den Rücken zuzukehren.

Nach längeren Recherchen habe ich mich daraufhin in Textmate eingearbeitet. Und ich muss gestehen, ich war wirklich begeistert! Der Editor war gerade open source geworden und leistete alles, was ich wollte. Außerdem war er jahrelang der Editor of Choice der Ruby Community. Als ich aber von einem Freund auf Sublime Text aufmerksam gemacht wurde, musste ich einsehen, dass Textmate inzwischen der Zeit hinterher hinkt. Da aber Sublime keine open source-Software ist, zog ich ihm Atom vor. Atom wiederum steckt noch in vielem in den Kinderschuhen. Das macht sich insbesondere bei den zahlreichen Plugins bemerkbar, die wie Kraut und Rüben aus dem Boden zu schießen scheinen, aber oftmals nicht wirklich aufeinander abgestimmt sind. Außerdem ist Atom langsam.

Nach einigem Zögern wagte ich schließlich den großen Sprung – und fing an, mich in Vim einzuarbeiten. Wie viele andere vor mir, die von Textmates langsamer Weiterentwicklung enttäuscht waren. Die unterschiedlichen Modi waren anfangs natürlich sehr gewöhnungsbedürftig. Aber ich bin vollends begeistert von der Geschwindigkeit und Sprache, mit der sich Texte editieren lassen.

Vim, mit dem ich gerade diesen Beitrag schreibe, in einer tmux-Session.

In einem zukünftigen Beitrag werde ich meine Konfiguration und Arbeitsweise genau beschreiben.

Literatur

  1. Mittelbach, Frank u. a.: Der LaTeX-Begleiter, 2. überarb. u. erw. Aufl., München: Pearson Studium 2005.
  2. Schlosser, Joachim: Wissenschaftliche Arbeiten schreiben mit LaTeX. Leitfaden für Einsteiger, Heidelberg: mitp 2011.